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Sprache ohne Worte: Wie unser Körper Trauma verarbeitet - Druckversion

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Sprache ohne Worte: Wie unser Körper Trauma verarbeitet - ungestyme - 28.04.2012

Hat jemand von euch das Buch von Peter Levine "Wie unser Körper Trauma verarbeitet und uns in die innere Balance zurückführt" schon gelesen und kann vielleicht was dazu sagen? http://www.amazon.de/Sprache-ohne-Worte-verarbeitet-zur%C3%BCckf%C3%BChrt/dp/3466309182/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1335612382&sr=8-1


Re: Sprache ohne Worte: Wie unser Körper Trauma verarbeitet - Shadow - 28.04.2012

Nee, tut mir leid. hab ich noch nicht. *rose*


Re: Sprache ohne Worte: Wie unser Körper Trauma verarbeitet - ungestyme - 29.04.2012

Nicht so schlimm, hätte ja sein können, dass es jemand schon gelesen hat. Die Rezensionen bei Amazon sind ja leider tendenziell zu "zu sehr schön geschrieben"

Die Thera. hat es mir jedenfalls empfohlen. Ich werde es mal lesen und dann ggf. kurz berichten.


Re: Sprache ohne Worte: Wie unser Körper Trauma verarbeitet - donttouchme - 29.04.2012

Ich glaube Peter Levine ist nen ziemlich guter Therapeut, auch wenn der vielleicht nicht alles so abdeckt, grade zum Thema Dissoziieren habe ich von ihm jetzt noch nichts gehört, aber was er sonst so sagt, hat schon Hand und Fuss. Finde ich persönlich bisher eine sehr gute Ergänzung zu den ganzen Imaginationsübungen, weil man mit dem Trauma konkret etwas machen kann. Auch wenn ich das Buch jetzt nicht gelesen habe.


Re: Sprache ohne Worte: Wie unser Körper Trauma verarbeitet - rabenaas - 29.04.2012

hi peter levine ist mir bekannt als jemand, der mit körpertherapie arbeitet und damit auch schon gute erfolge erzielt haben soll. ich hatte mal einen körpertherapeuten, der se angewendet hat - und das war schon interessant. ich denke auch, dass es je nach erkrankung besser ist, zusätzlich eine traumatherapie im herkömmlichen sinne zu machen. das buch kenn ich leider nicht. glg


Re: Sprache ohne Worte: Wie unser Körper Trauma verarbeitet - karin137 - 29.04.2012

Hallo,

ich hab ein älteres Buch von Levine, "Waking the Tiger" - er schreibt aber glaube ich meistens ähnliche Sachen. Ich hatte das Buch auch, weil ich damals eine Therapeutin hatte, die mit SE gearbeitet hat. Ist interessant, wobei ich das gleiche finde wie dounttouchme, sein Ansatz deckt nicht alles ab. Bei "Waking the Tiger" ist es auch so, dass wenig konkrete Übungsbeschreibungen drin sind (da gibt es glaube ich ein anderes Buch von ihm), es hat mir eher das Hintergrundwissen vermittelt für die Sachen, die wir dann in der Therapie gemacht haben. Also wenn Deine Therapeutin eine SE-Ausbildung hat und die Methode mit Dir anwenden möchte dann ist es wohl gut, so ein Buch dazu zu lesen. Als reines Hintergrundwissen sind mir persönlich seine Ideen etwas zu dünn.

Karin


Re: Sprache ohne Worte: Wie unser Körper Trauma verarbeitet - ungestyme - 29.04.2012

Ich danke euch für die klaren Aussagen. Bin schon gespannt, wenn ich das Buch vorauss. dann morgen haben werde.
@Karin: Bei mir ist es nur so, dass sich die ganze Symptomatik, also wenn ich durch irgendwas angetriggert werde immer ganz extrem körperlich äußert. Ich habe ansonsten kaum Probleme, die man rein verhaltenstherapeutisch angehen könnte, weil es bei mir da kaum was zu tun gibt. (Thera-Aussage) Bei mir muss viel über die Körperarbeit gemacht werden. Mir fällt es auch sehr schwer in Zusammenhang mit den Körpersymtomen Verständnis für mich selbst zu haben, auch weil mir da das Grundverständnis irgendwo nach wie vor fehlt.


Re: Sprache ohne Worte: Wie unser Körper Trauma verarbeitet - rabenaas - 29.04.2012

dann wäre se evtl die richtige methode für dich. schreib doch mal, wenn du das buch gelesen hast, ob es gute infos herausgibt. glg yoshi


Re: Sprache ohne Worte: Wie unser Körper Trauma verarbeitet - ungestyme - 30.04.2012

Bis jetzt ca. 20% gelesen. Ich bin gerade nur mäßig begeistert. Ist mir bis jetzt alles bekannt, was drin steht, zudem viele Wiederholungen und auch vom Stil her nicht so sonderlich gut geschrieben. Na, ich lese mal weiter. Vielleicht tut sich ja noch was in die positivere Richtung. (Allerdings war ich von einer Hör-CD, die mir meine Thera. ebenfalls mal empfohlen hat, noch viel weniger angetan.) Ganz so grausam wie die CD ist das Buch jetzt nicht.


Re: Sprache ohne Worte: Wie unser Körper Trauma verarbeitet - ungestyme - 30.04.2012

rabenaas schrieb:hi peter levine ist mir bekannt als jemand, der mit körpertherapie arbeitet und damit auch schon gute erfolge erzielt haben soll. ich hatte mal einen körpertherapeuten, der se angewendet hat - und das war schon interessant. ich denke auch, dass es je nach erkrankung besser ist, zusätzlich eine traumatherapie im herkömmlichen sinne zu machen. das buch kenn ich leider nicht. glg

Ja herkömmliche Traumatherapie mache ich ja sowieso.


Re: Sprache ohne Worte: Wie unser Körper Trauma verarbeitet - ungestyme - 07.05.2012

Hier nun also die vollständige Rezension, nachdem ich das komplette Buch durch habe:

Im Buch "Sprache ohne Worte" geht es darum, einen Weg nach neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen und über den Körper zu beschreiten, ein Trauma zum Abschluss zu bringen.

Peter Levine, der hier anschaulich, detailbesessen und mitunter sehr persönlich von seiner Forschung und seinen klinischen Erfahrungen berichtet und sie mit Neurobiologie, Psychologie und Verhaltensforschung verknüpft. Auf den Seiten erfährt man viel Allgemeines über den Körper, was man größtenteils als bekannt voraussetzen dürfte, aber die Vorbildung der Leser ist sicher unterschiedlich.

Ein Trauma, so Levine, ist das Ergebnis eines überlebenswichtigen, aber fehlgeleiteten Selbstschutzsystems. Der Körper bleibt - wenn ihm kein Ausweg geboten wird - gefangen, in der Reaktion auf die traumatisierende Situation. Levine selbst erlebte, was das heißt: Er wurde von einem Auto angefahren, flog in die Windschutzscheibe und dann auf die Straße. Erst als eine Frau sich zu ihm setzte und seine Hand hielt, löste sich sein erstarrtes Entsetzen. Zitternd und bebend konnte er seine Wut auf die Autofahrerin spüren und damit verhindern, dass sich ein Trauma langfristig etablierte.

Finden Menschen nach einem traumatischen Erlebnis keinen Weg, ihre Gefühle nach außen dringen zu lassen, bleiben sie gefangen in ihrer Furcht, ihrer Hilflosigkeit und ihrer Angst oder Erstarrung. Levine spricht hier von einer biologischen Reaktion, die auch Tiere erleben. Wird ein Opossum von einem Fuchs bedroht, stellt es sich tot. Hat der Fuchs von ihm abgelassen, zittert und schüttelt sich das Opossum und rennt dann los. Wenn Menschen dagegen ein Trauma nicht verarbeiten, hängen sie fest. Erinnert sie ein Geräusch an die traumatisierende Situation, verfallen sie automatisch in ihre damalige Reaktion: Sie schwitzen, ihr Herz rast, sie erstarren. Und genau das, gilt es zu überwinden.

Anhand mehrerer, anschaulich erzählter Fallgeschichten erläutert Levine, in welcher Weise der Körper von seinem Trauma erzählt und was man zur Genesung beitragen kann: Wohldosiert die ängstigenden Körperempfindungen spüren, sie von ängstigenden Gedanken trennen, körperlich aufmerksam registrieren und durchleben, damit man unabgeschlossene Handlungsimpulse und Wellen der Erregung aus der traumatisierenden Situation zum Abschluss bringen kann. Und zwar in Form eines selbst gesteuerten, kontrollierten Erlebens, bei dem man mit therapeutischer Hilfe heftige Gefühle auszuhalten lernt, ohne Impulse dramatisch auszuleben, was andernfalls sonst vielleicht zu einer Retraumatisierung führen könnte.

Unterfüttert wird Levines These mit wissenschaftlicher Grundlagenforschung. Im letzten Drittel des Buches jedoch verliert er sich etwas in allgemeinen Ausführungen zur Verbindung von Körper und Geist, den Funktionen der Emotionen und wiederholt sich an manchen Stellen fast wörtlich. Trotzdem liest man dieses Buch mit Gewinn. Indem Levine zeigt, wie sich eine traumatische Erfahrung durch ein gewahr werden der inneren Empfindungen aus der schrecklichen Situation auflösen lässt, macht er auch Mut: Wem es gelingt sein Trauma zu verarbeiten, der gewinnt nicht nur sein Leben zurück, sondern neue Stärke hinzu.

Besonders hervorheben möchte ich, dass sich Levine in seinem Buch auch ausführlich mit dem chronischen Trauma und der Dissoziation beschäftigt und er zeigt auch die Unterschiede zum Akuttrauma auf:

Zitat:Bei stark traumatisierten, chronisch vernachlässigten oder missbrauchten Menschen dominiert das System der Immobilisation/Abschalten. Andererseits dominiert bei akut traumatisierten Personen (durch ein einzelnes Ereignis ohne Vorgeschichte [...]) oft das sympathische System von Angriff/Flucht. Sie leiden häufig unter Flash-Backs und Herzrasen, während chronisch traumatisierte [...] im allg. eine erhöhte oder eine verlangsamte Herzfrequenz zeigen. Diese Menschen leiden meist an quälenden dissoziativen Symptomen, [...] Tagträumen, einem Gefühl von Unwirklichkeit, Depersonalisierung und zahlreiche somatische und andere gesundheitliche Beeinträchtigungen. Zu den somatischen Symptomen gehören z.B. Magen-Darm-Beschwerden, Migräne, bestimmte Formen von Asthma, chronische Schmerzen, chronische Erschöpfung und generelle Distanz zum Leben.

Außerdem schreibt er, dass besonders viel Erfahrung und Geschick notwendig ist, um Traumata bei stark dissoziativen Klieneten aufzulösen und was dabei Beachtung finden muss.

Manche einfühlsam geschilderten Beispiele mit Klienten, die er exemplarisch anführt, können unsereins auch ein wenig antriggern. Ich konnte deswegen nicht das ganze Buch mit über 400 S. am Stück durchlesen.

Was hängen bleibt, dass Traumatisierung an sich in erster Linie ein rein körperliches Geschehen ist und alles andere dem dann lediglich nachfolgt.

Trotz der Wiederholungen und einigen Längen ein empfehlenswertes Buch, wenn man Traumatisierung nicht nur verstehen will, sondern auch mehr Verständnis für sich selbst gewinnen möchte. Was ich auch wichtig finde, dass das Buch aufzeigt, was in der Therapie mit in Körperarbeit erfahrenen Therapeuten vor sich geht und erreicht werden soll.

---

(Womöglich ist es sogar so, dass es in absehbarer Zeit so sein wird, dass man zumindest bei der Behandlung von chronischer Traumatisierung nicht mehr auf die Körperarbeit wird verzichten können. Beim Akuttrauma funktionieren andere Methoden, wie EMDR, die aber ja auch schon über den Körper laufen auch sehr gut. Bei starker Dissoziation hat EMDR dagegen kaum Sinn.)

Ich selbst habe z.B. gedacht: "Ich glaub meine Thera arbeitet in dieser Hinsicht sehr nachvollziehbar und total gut, was z.B.auch den enormen Grad der Aufmerksamkeit angeht, den sie dabei aufzubringen fähig ist.


Re: Sprache ohne Worte: Wie unser Körper Trauma verarbeitet - Shadow - 07.05.2012

"Was hängen bleibt, dass Traumatisierung an sich in erster Linie ein rein körperliches Geschehen ist und alles andere dem dann lediglich nachfolgt."

Danke ungestyme für die ausführliche Beschreibung! Jedoch denke ich, dass Traumatsisierung nicht nur ein körperliches Geschehen ist. Es beinhaltet bei chronischer Traumatisierung auch Veränderungen des Gehirnstoffwechsels etc. ebenso wie Veränderungen in der Persönlichkeitsstruktur, was meiner Meinung mit den Abwehrreaktionen durch Tiere oder den Autounfall etc. nicht erklärt ist. Das mag ja bei Monotraumata der Fall sein, ich denke bei einer komplexen PTBS, welche ja dissoziative Strukturveränderungen beinhaltet, ist der Fall doch komplizierter. Ich denke, da macht sich Levine das doch ein bisschen zu einfach.
Um ei Grundverständnis für Traumata zu erhalten, scheint das Buch aber ganz gut zu sein.

Lg, Shadow


Re: Sprache ohne Worte: Wie unser Körper Trauma verarbeitet - buntspecht - 07.05.2012

Hi ungestyme,

ich hab das Buch Trauma-Heilung von ihm und das fand ich doch sehr anschaulich, vor allem von den Erklärungen her, wie ein Trauma entsteht und dass man darin hängen bleibt, wenn man keinen Weg findet es aufzulösen. Ich denke es ist identisch mit dem was in Deinem Buch steht. Und das mit der Auflösung kann ich nur bestätigen. Doch ich wäre da zu Hause für mich alleine echt vorsichtig. Das kann auch nach hinten losgehen und mehr schaden als nutzen. Aber es hilft schon viel, wenn man weiß, warum man so ist wie man ist und so reagiert wie man reagiert.

lg,
cat


Re: Sprache ohne Worte: Wie unser Körper Trauma verarbeitet - ungestyme - 07.05.2012

Shadow schrieb:"Was hängen bleibt, dass Traumatisierung an sich in erster Linie ein rein körperliches Geschehen ist und alles andere dem dann lediglich nachfolgt."

Danke ungestyme für die ausführliche Beschreibung! Jedoch denke ich, dass Traumatsisierung nicht nur ein körperliches Geschehen ist. Es beinhaltet bei chronischer Traumatisierung auch Veränderungen des Gehirnstoffwechsels etc. ebenso wie Veränderungen in der Persönlichkeitsstruktur, was meiner Meinung mit den Abwehrreaktionen durch Tiere oder den Autounfall etc. nicht erklärt ist. Das mag ja bei Monotraumata der Fall sein, ich denke bei einer komplexen PTBS, welche ja dissoziative Strukturveränderungen beinhaltet, ist der Fall doch komplizierter. Ich denke, da macht sich Levine das doch ein bisschen zu einfach.
Um ei Grundverständnis für Traumata zu erhalten, scheint das Buch aber ganz gut zu sein.

Lg, Shadow

Gerade das mit dem sich ändernden Hirnstoffwechsel ist gerade auch Körperlich. Das Hirn ist der Körper! Deckt sich auch mit der Forschung, wie es scheint. Beim komplexzrauma ist es nur deshalb so langwierig u. Schwer, weil quasi durch erfahrumg gelernt wurde, dass die Dinge immer so sind. Also ich empfinde das bisher auch so. Glaub auch, dass die Thera. da vermutlich Recht hat. Ich glaub auch, je mehr u. länger man in der chron. Schiene drin ist, je mehr haftet man auch daran, bin da schon selbstkritisch.

Ob das objektiv auch so ist, kann ich natürlich nicht sagen.


Re: Sprache ohne Worte: Wie unser Körper Trauma verarbeitet - rabenaas - 07.05.2012

liebe ungestyme, danke für die ausführliche beschreibung des buches. *rose*
an englishblau, könntest du evtl - das verfolgte selbst - , wenn du es durch hast, ähnlich beschreiben? ich hab daran sehr großes interesse. vllt gönn ich es mir doch noch. mein thera hat es leider nicht, er würde s mir sonst problemlos leihen. glg an alle yoshi