Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung SM
#1
Über eine Freundin darauf aufmerksam geworden:
Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs.
Brauchen Angaben von Betroffenen.
Ich habe eben mitgemacht, falls sich auch jemand traut.....

https://www.aufarbeitungskommission.de/aufarbeitung/

Wenn unerwünscht, bitte löschen.
Sei Du der Grund, dass andere an das Gute glauben!
Zitieren
#2
Ich selbst habe mit dem Thema nichts zu tun, habe mir aber deinen Link aus Interesse angeschaut und mir scheint das
eine gute Sache zu sein.
Das ganze sollte meiner Meinung nach sowieso ein sehr viel größeres Gesellschaftliches Thema sein.
Mutig von dir da teilzunehmen, ich kann mir vorstellen das dass Überwindung kostet.

glg
Rhy
Wenn ein Gott diese Welt gemacht hat, so möchte ich nicht der Gott sein.
Arthur Schopenhauer
Zitieren
#3
Es hat bereits die ersten öffentlichen Hearings gegeben. Vor ein paar Tagen wurde davon auch im TV berichtet. Die Kritik von seiten der Psychotherapeuten ist, dass die regionalen Anhörungsdelegierten honorarfinanzierte Juristen sind, die nicht hinreichend für diese Aufgabe geschult wurden.

Es ist zu hoffen, dass man da noch nachbessern wird.
Be Yourself. Everyone else is already taken. (Oscar Wilde)

Zitieren
#4
Ich hoffe so sehr, dass sich etwas ändern kann..........
Schlimm finde ich, wie milde Sexualstraftäter "bestraft" werden.
Wie wenig Aufklärung es gibt.
Und ja, es war krass, innerhalb 2 Sätze zusammenzufassen, was geschehen ist... Da habe ich dann gemerkt, dass es ein richtiges Verbrechen war und immer noch ist.
Sei Du der Grund, dass andere an das Gute glauben!
Zitieren
#5
Hallo Anna,

ich mache gerne mit, aber zu einer anderen Uhrzeit. Ich hoffe, es ist noch etwas Zeit dafür.

Lieben Gruß und vielen Dank für den Link, tomate
Zitieren
#6
Hier ist ein Kommentar von Andreas Huckele, der bei der ersten öffentlichen Anhörung am 31. Januar 17 dabei war. (Wer ist Andreas Huckele?)


Am 31. Januar 2017 fand das 1. Öffentliche Hearing der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs zum Thema „Kindesmissbrauch im familiären Kontext“ in Berlin statt. Aber wozu?

von Andreas Huckele | 17/02/2017 | Blog

Der Kern des Settings ist schnell erklärt: Es gab drei Panels von jeweils einer Stunde Dauer, bei der die Betroffenen sexualisierter Gewalt, deren Angehörige und Personen, die mit sexualisierter Gewalt im familiären Umfeld arbeiten, im Mittelpunkt standen. Moderiert wurden die Panel im Wechsel von jeweils zwei von den sieben Mitgliedern der Aufarbeitungskommission.

Was haben Betroffene erlebt? Wie geht es ihnen heute?
Wie haben Angehörige gehandelt?
Welche Rolle spielen Institutionen bei der Aufarbeitung und Prävention?

Begleitet wurden die Berichte der Betroffenen von Grußworten, einem Vortrag und Statements aus dem Publikum. Gesamtdauer: 7 Stunden einschließlich Pausen.

Die Reproduktion der DNA des Traumas

Es war von allem viel zu viel, viel zu schnell und viel zu heftig. Trauma eben. Bereits im ersten Panel haben die beiden Betroffenen von so viel Horror aus ihrer Kindheit im Detail berichtet, dass es eigentlich den Rest des Tages gebraucht hätte, um das Gehörte zu verarbeiten und den eigenen Gedanken und vor allem den eigenen Gefühlen Raum zu geben, die das Gehörte in der eigenen Vorstellungswelt und damit im eigenen Körper an Gefühlen und Empfindungen ausgelöst hat. Für mich zumindest. Und ich bin eigentlich ein routinierter Zeuge für biographische Berichte dieser Art. Ein Blick in die Runde, von der Bühne ins Publikum lässt Aktivierungsgrade jenseits der acht vermuten. Manche weinen, manche starren vor sich hin oder schauen aus dem Fenster. Ein Mix aus Horror, Dissoziation und Aktivierung, in meinem Kopf hämmert immer lauter die Frage: Wem nutzt das?

Keine Atempause, Geschichte wird gemacht, es geht voran! Mit „Geschichten, die zählen“?

Die Betroffenen aller Panels erzählen ihre Geschichte nicht zum ersten Mal, es geht also nicht um die Bezeugung schrecklicher und bisher ungehörter und ungeglaubter Kindheitsberichte.

Die Zuhörer hören zum großen Teil solche Geschichten auch nicht das erste Mal, wissen also um die Erfahrungen sexualisierter Gewalt als Kind und hören hier nichts grundsätzlich Neues.

Diejenigen, die diese Geschichten hören müssten, damit sie endlich verstehen, was es bedeutet, sexualisierte Gewalt zu erfahren, um dann die Lebenswirklichkeiten von Kindern durch strukturelle Veränderungen sicherer zu machen, sind nicht auf dieser Veranstaltung. Wer meiner Meinung nach alles im Publikum sitzen und zuhören müsste, habe ich in meinem Artikel in DER FREITAG aufgelistet.

Auch diejenigen, die den heute erwachsenen Betroffenen sexualisierter Gewalt helfen könnten, indem sie die Neuregelung des Opferentschädigungsgesetzes realisieren, sind auch nicht anwesend.

Wer ist also auf der Veranstaltung, der oder die durch das Anhören der Panels

- Grundsätzlich etwas Neues über sexualisierte Gewalt erfährt, oder
- Durch das Anhören der Berichte den Impuls bekommt, die Lebenswirklichkeit von Menschen konkret zu verändern?

Offensichtlich niemand. Zu welchem Zweck sind eigentlich die Journalisten gekommen?

Die 4. Gewalt mit Schreibhemmung?

Die Tagesschau berichtete über die Anhörung. Das sie stattgefunden hat. Einordnung der Fakten? Fehlanzeige. Kritik an der gegenwärtigen Politik? Fehlanzeige. Kritik an der Veranstaltung? Fehlanzeige. Eine Meldung. Das war’s. Und was sieht der Zuschauer zu Hause am Bildschirm? Die Bundesregierung, die macht was! Die

Apelle, Apelle, Apelle

Besonders im Anschluss an das letzte Panel wurden Apelle aus allen Richtungen laut. Mehr Geld, mehr Anerkennung, mehr Gerechtigkeit, mehr Handhabe. Irgendjemand schlug vor, die geäußerten Forderungen an Politik und Gesellschaft in der Tradition von Luthers Thesen an das Brandenburger Tor zu schlagen. Wäre der Umgang von Politik und Gesellschaft mit den Betroffenen sexualisierter Gewalt nicht traurig und tragisch zugleich, hätte ich das witzig finden können. Es ist aber nicht witzig. Es ist die große Hilflosigkeit, die sich in diesem Vorschlag entlädt, weil klar wird, dass die Diskussion keine Konsequenzen haben wird und die Adressaten des Zorns und der Ohnmacht nicht zuhören, weil sie nicht da sind.

Hier wird beim Benennen der Missstände Energie aufgebaut und entladen, die an die verantwortlichen dieser Missstände adressiert werden müsste. Psychohygiene.

Sprechen hilft! Immer?

Ein Publikumsbeitrag hat sehr genau erkennen lassen, wie das Sprechen über sexualisierte Gewalt die Tür zur Hölle erst so richtig aufstoßen kann. Wenn Täter clever sind, gute Anwälte und keine Angst vor der Eskalation haben, kann beobachtet werden, wie sehr unsere Gesetze geeignet sind, die Täter zu schützen. Sprechen hilft? Kommt darauf an mit wem und wer noch so zuhört. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Rechtsanwalt und Fachberater.

Searching for Gold

Es ist ein Novum, das der Staat eine Veranstaltung organisiert, in dem Betroffene sexualisierter Gewalt aus dem familiären Kontext gehört werden. Und was bedeutet das? Mein Kommentar zur Arbeit der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs steht in DER FREITAG.

Gut gemeint ist eben nicht gut gemacht.

Es sind weitere Anhörungen in diesem Format geplant, aber hoffentlich nicht mehr so, dass die Beteiligten retraumatisiert werden. Das betrifft die Sprecher gleichermaßen wie die Zuhörer.

Wie auch immer die Kommissionsmitglieder geschult wurden, um solche Anhörungen durchzuführen, das Ergebnis ist ein Desaster. Die Moderatoren haben durch ihre Gesprächsführung die Betroffenen direkt in das toxische Material hineingeführt. Wozu soll das an dieser Stelle gut sein? „Erzählen Sie mal“ bedeutet im Kontext von Trauma: Die Handgranate auf den Tisch legen und den Zünder auslösen.

Es braucht Zeit, um diese Berichte zu erzählen und zu hören und es braucht kleine Portionen, die dann auch von allen verdaut werden können.

Die Auflösung der ungewollten Intimität zum Täter oder zur Täterin gelingt über die Betrachtungsweise der Beziehung aus der heutigen Erwachsenenperspektive und nicht, wie irrtümlich oft angenommen, nur durch das Berichten der Tatdetails. Der Genesungsschritt wird durch das Beobachten des Kinderschmerzes vollzogen und nicht dadurch, wieder und wieder selbst zum Kind und zum Schmerz zu werden.

Die ewigen Endlosschleifen des Schmerzes aus der Vergangenheit helfen niemandem.

Genderwise

Wieso sind alle fünf Sprecherinnen der ersten beiden Panels Frauen? Laut Sabine Andresen, der Vorsitzenden der Kommission, sind die etwa 500 Menschen, die sich für die vertraulichen Anhörungen gemeldet haben, zu etwa gleichen Teilen Männer und Frauen. Aus diesem Personenkreis wurden die Menschen angesprochen, ob sie sich nicht vorstellen könnten, auf dem öffentlichen Hearing zu sprechen. Warum keine Männer?

Wenn wünschen helfen würde

Was mir auf der Veranstaltung gefehlt hat war die Benennung der Lösungen, die es nämlich auch gibt. Das es Zusammenhalt zwischen den Betroffenen gibt, dass die in der Kindheit verursachten Schäden bearbeitet und gemildert werden können, dass es möglich ist zu lernen, mit Traumaschäden zu leben. Und zwar ein gutes Leben zu leben. Jenseits des Überlebens.

Das kann aber nur gelingen, wenn eine individuelle und kollektive Bewegung in Richtung Lösung, in Richtung Ressourcen, in Richtung Zukunft gemacht wird.

Die Entwicklung von Opfer-Identitäten verhindert das. Wenn Betroffene sexualisierter Gewalt zu ihrer Geschichte werden und nur über den Status als Opfer Aufmerksamkeit und Anerkennung erfahren, dann wird es sehr schwierig, diese Geschichte wieder loszulassen, weil damit so viel Identität, Kontakt und Zuwendung verbunden ist.

Die Zukunft wird zeigen, ob eine politische Arbeit von Betroffenen mit staatlichen Organen möglich ist, ohne der Vergangenheit zu erlauben, den Tanz durch den Schrecken zu führen und die Alpträume der Kinder in der Gegenwart Wirklichkeit werden zu lassen.

Quelle
Be Yourself. Everyone else is already taken. (Oscar Wilde)

Zitieren
#7
Danke Anna.
Danke Celestine.

Wer will SM aufarbeiten? Kann das eine angeblich unabhängige Kommision? Die Betroffenen die öffentlich in diesem Zusammenhang (unabhängige Kommision, Aufarbeitung SM, Abwesenheit von Entscheidungsträgern) sprechen, werden sie nicht ein weiteres Mal auf ihre Kosten benutzt, misshandelt? Wenn man um die
Folgen einer Retraumatisierung weiß, dann sind öffentliche Auftritte der geschilderten Art unverständlich, verstörend.

Es werden Hoffnungen auf Unterstützung geweckt die sich niemals erfüllen werden. Deswegen danke ich Anna und Celestine für ihre Hinweise. Beides kann
unseren Blick schärfen für das was uns wahrscheinlich gut tun wird und was nicht.

Pia

Interessant wäre die Antwort um was oder wen es wirklich geht. Um Betroffene mit Langzeitfolgen, den Schutz von Kindern geht es sicher nicht, zulange sind die Fakten hinlänglich bekannt.
Zitieren
#8
Ich antworte da mal weil das Thema unabhängig von dem der es aufbringt wichtig ist auch wenn Pia leider nicht mehr bei uns ist was ich bedauere.

"Wer will SM aufarbeiten? Kann das eine angeblich unabhängige Kommision?"

Ich gehe mal davon aus das können alle die dazu in der Lage sind und denen dieses Thema wichtig genug ist - im Gegensatz zu Dir vermute ich das
dass die meisten Menschen auf der Welt sind. Natürlich ist das nicht leicht, für die Betroffenen erst recht nicht - aber große Hochachtung von mir für alle die sich dennoch trauen, jede einzelne die redet und davon berichtet ist wichtig und wertvoll, schon weil sich in der Gesellschaft nie etwas ändern würde gäbe es die Leute mit diesem Mut nicht.

"Es werden Hoffnungen auf Unterstützung geweckt die sich niemals erfüllen werden. "

Damit das nicht so bleibt wenn es denn so ist müssen wir alle zusammenwirken.
Fängt an mit dem aufeinander aufpassen und zwar auch in der Nachbarschaft und endet mit nachdrücklichen Forderungen an die Politik
damit sich Dinge ändern die man allzulange hat schleifen lassen.
Ich bin zwar von meinem Naturell her ein Pessimist, aber längst nicht so pessimistisch um zu vermuten das sich an diesem offenbaren Malus
nix würde ändern lassen.

glg
Rhy
Wenn ein Gott diese Welt gemacht hat, so möchte ich nicht der Gott sein.
Arthur Schopenhauer
Zitieren
#9
Ich habe die Antworten nicht alle gelesen.

Mein Mann hatte die Seite auch im Internet gefunden und wir haben das bei meiner Thera angesprochen. Sie hält das ganze für seriös und sinnvoll. Es gibt eine so hohe Dunkelziffer von SM und Prävention funktioniert funktioniert zur Zeit kaum. Die Kommission will ja Möglichkeiten erarbeiten, wie Kinder besser geschützt werden können. Und darum ist es hilfreich, wenn man mit denen darüber spricht, um SM in der Gesellschaft hoffentlich zu reduzieren.
Für meinen Mann würde es Entlastung bedeuten, dort alles erzählen zu können, weil er weder zur Polizei damit kann, noch Plakate aufhängen darf, um die Täter von mir anzuprangern. Vielleicht kann das auch für Opfer eine Möglichkeit sein, sich wenigstens etwas zu wehren.

Ich habe entschieden, dass ich mich erst bei der Kommission melde, wenn ich stabil genug bin und meine Thera das ok gibt. Als ich den Antrag für den Fond SM bei der Post abgegeben habe, bin ich auch zusammen gebrochen, obwohl die Täter davon nix erfahren, war die Panik innen sehr groß und hat sich über Wochen hingezogen.

LG, Eisblume
Liebe Grüße,
Sunny Day

Blume
Zitieren
#10
Es ist schon einiges an Zeit her, dass ich denen geschrieben hatte.
Dort stand, man würde zeitnah eine Nachricht von jemandem bekommen - ich habe bislang nichts gehört.
Zum Glück kann ich das ganz gut abgrenzen von mir, hätte aber massiv angetriggert werden können in "mir glaubt niemand", da sich keiner meldet.
Das ist gerade bei Traumatisierungen sehr heikel.
Sei Du der Grund, dass andere an das Gute glauben!
Zitieren
#11
Hallo,

gerade habe ich den Zwischenbericht der Kommission bekommen und gelesen. Mmh, vielleicht kann ich mal nachfragen, ob ich den Bericht weiterleiten bzw. hier einstellen kann. Das würde doch bestimmt noch mehr interessieren, oder?

Lieben Gruß, tomate
Zitieren