was bei einem Kindheitstrauma wirklich funktioniert
#9
sehr schöne gedanken, die im thread gesammelt werden. es ist schön an diesem reichtum teilhaben zu können. vielen dank dafür.

ich möchte gerne auch etwas beitragen.

im augenblick arbeite ich in der traumatherapie mit den inneren kindern. eigentlich habe ich gedacht, das ist nicht so meins. nur spüre ich langsam eine veränderung in mir. zu anfang war ich ungeduldig mit dem inneren kind. ich war genervt und auch sauer aus vielen gründen. ich mochte dieses kind nicht.

wir haben dann die übung gemacht, das innere kind an einen sicheren ort gebracht, ihm beschützer zur seite gestellt und meine aufgabe danach war, es jeden tag zu besuchen. immer schauen, wie es ihm geht und wenn ich in bestimmte triggersituationen komme mir sagen, das innere kind ist sicher, es hat alles, was es braucht.

die besuche waren am anfang nicht leicht. ich habe das oft vergessen über den tag. erst als ich mich eingelassen habe, es ernst genommen habe, konnte ich mich annähern.


es gibt viele situationen in meinem leben, damit komme ich nicht klar. und ich merke, mein analysieren der situation geht immer nach außen. es ist immer die frage, geht es dem anderen gut. was sind seine bedürfnisse.

durch die arbeit mit den inneren kindern habe ich erfahren, in situationen, in denen ich in ein handlungsmuster falle, sehr unsicher bin, mich verteidige, wo ich mich gar nicht verteidigen muss, da sind starke bedürfnisse in mir. ich habe angst jemanden zu verlieren. ich habe angst vor gewalt als folge. ich schaue auf die bedürfnisse des anderen weil ich harmonie brauche.

eine konkrete situation dazu: ich bin auf der suche nach einer therapeutin. eine hat zurückgerufen und das war die erste. die sagte zu mir, sie hat keine spezielle traumaausbildung und fühlt sich nicht so wohl. und ich habe sofort versucht mein trauma klein zu reden, meine probleme für sie passend zu machen, so dass sie das gefühl hat, sie kann mich behandeln.

erst beim auflegen ist mir aufgefallen: das ist blödsinn. war nun die erste therapeutin mit der ich gesprochen habe. und ich habe ein halbes jahr zeit jemanden zu finden. ja, sie ist sehr sympathisch. es gibt nur auch ganz viele andere voraussetzungen die wichtig sind dafür, dass SIE MIR helfen kann. ich will ja nicht für sie arbeitsbeschaffungsmassnahme sein oder so.

das war ganz stark das bedürfnis, sie darf mich nicht verlassen. ich will gemocht und anerkannt werden. und die angst, ich entspreche nicht ihren voraussetzungen und sie wird sauer.

ganz alte gefühle aus der kindheit.

nun hilft es mir sehr wenn ich vorher schauen kann, was möchte ich in einer situation erreichen. es wird noch lange dauern bis ich wirklich immer alle diese bedürfnisse loslassen kann, ich merke allerdings, ich kann die situation anschließend schon leichter analysieren weil ich weiß, wonach ich schauen muss. das ist ein erster schritt. für mich ein großer schritt.

meine ergotherapeutin hat mir auch sehr geholfen, weil sie hat mir gesagt: ich soll mir vorher anschauen, was braucht die situation. nicht der andere. nicht ich. sondern die situation.

auch wieder ein beispiel: ich mache besuchsdienst in der klinik. und ich habe immer große angst auf station zu gehen, weil es ist schwer für mich das pflegepersonal "zu stören". die haben so viel stress und dann komm ich noch daher und habe ansprüche. und jedes mal ist der termin für mich so ein horror.

vor dem letzten termin habe ich lange mit der ergothera gesprochen und ich habe darüber nachgedacht, ich habe einen job zu erledigen und meine besuche tun den patienten gut. das ist eine wichtige aufgabe. die situation erwartet es von mir zu fragen.

am freitag konnte ich zum ersten mal ganz frei auf station gehen. und diese ganze angst loslassen, die ich aufgebaut habe als schutzmauer zwischen mir und der welt. ich konnte ganz ich sein. und zum ersten mal hat mich da niemand genervt behandelt. die haben sich sogar zeit genommen wirklich zu schauen, ob patienten allein ohne verwandte sind und sich über besuch freuen.

und da habe ich diesen unzerstörbaren kern gespürt. mein ich. ein gefühl von: ich habe alle ressourcen, die es für die situation braucht. ich konnte meinen raum einnehmen. fühlte mich nicht fehl am platz. was ich sonst immer tue.

das sind nur meine gedanken zu dem thema unzerstörbarer kern. ich glaube auch, in jedem mensch ist sehr viel was heil geblieben ist und was eine stabile basis sein kann für die rückkehr ins leben.
Wir denken zu viel und tanzen zu wenig ..... :party:

»Und es kam der Tag, als das Risiko eng in der Knospe zu verharren schmerzlicher war, als das Risiko einzugehen, aufzublühen« (Anaïs Nin)
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RE: was bei einem Kindheitstrauma wirklich funktioniert - von nicco - 29.07.2018, 14:43

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