15.03.2012, 20:23
tag auch!
grundsätzlich ist dieses thema sehr komplex, da es viele gesellschaftliche und natürlich auch persönliche bereiche tangiert. man sollte jedoch bei einer solchen diskussion seine persönlichen empfindungen beiseite lassen und das ganze mit vernunft analysieren.
zum einen ist die strafe, bei der es sich letztlich um nichts anderes als rache handelt, von der sicherungsverwahrung zu trennen. diese personen haben ihre strafe verbüßt, nun werden sie (oftmals auch politisch motiviert) weiterhin eingeknastet und zwar unter den gleichen bedingungen wie die strafgefangenen. ob die sv nun direkt beim urteil oder erst nachträglich verhängt wurde, macht da für mich auch keinen unterschied, das mal nebenbei. nun hat der europäische gerichtshof für menschenrechte festgestellt, dass die bundesrepublik deutschland die menschenrechte dieser personen verletzt hat. in diesem fall ist also der staat der gesetzesbrecher und natürlich sind die personen für die zu unrecht erlittene inhaftierung zu entschädigen. darüber hinaus reden wir hier nicht nur von sexualstraftätern. der zeitungsartikel ist polemisierend. viele andere gefangene befinden sich in der gleichen situation. abgesehen davon wird nun die wut darüber, dass man von dieser zu tiefst kranken und degenerierten gesellschaft keine hilfe bekommt, auf den täter übertragen. und zwar nicht nur auf den eigenen, sondern gleich mal auf alle anderen ebenso. dadurch wird eine sachliche betrachtung unmöglich. das ist aber auch eine stimmung, die hier bewusst installiert wurde.
den meisten ist das leider nicht klar, denn es ist viel einfacher "in den knast" zu brüllen, als sich gedanken zu machen. doch wenn man über justiz redet, redet man über gesamtgesellschaftliche zustände und über herrschaftsverhältnisse, die per se ungerecht sind und zu weiteren ungerechtigkeiten führen. man sollte sich mal klarmachen, dass kein mensch von geburt an böse ist oder mal eben einfach so zum frauen vergewaltigenden psychopath wird. auch diese menschen waren mal unbeschriebene blätter. dann sind ihnen dinge widerfahren, die sie krank werden ließen. wer sich allgemein mit dem psychiatriesystem und traumastörungen befasst hat, dem müsste das klar sein. auch die dissoziale persönlichkeitsstörung, die einen empathielos macht, ist eine traumafolge. es handelt sich um eine endlose kette des leidens, die mit rache (also sprich mit knästen) nicht durchbrochen werden kann. wer glaubt im knast ginge es den leuten gut, der sollte womöglich weniger bild-zeitung lesen. dem ist nicht so. und sie werden dort auch nicht vorzüglichst therapiert. im gegenteil ist es sogar so, dass z.b. durch das verbot der nachträglichen sicherungsverwahrung menschen völlig ohne vorbereitung in freiheit entlassen wurden, nachdem sie teils jahrzehnte im knast verbracht hatten und total hospitalisiert sind. sie werden genauso im stich gelassen wie die opfer, was wiederum keine besonders gute prävention ist. in das momentan vorherrschende weltbild in diesem land, welches noch immer im 3. reich und anderen dunklen zeiten verwurzelt ist, haben weder "psychopathen" noch flaschen, die mit ihrem leben nicht klarkommen, platz. es ist die schuld der patriarchaischen, in herrschafts- und rachedenken verhafteten gesellschaft, dass es opfer gibt, die ihrerseits neue opfer schaffen, die dann entweder leiden, weil ihnen die gesellschaft nicht alle menschenmögliche hilfe angedeihen lässt oder selbst wieder neue opfer schaffen - aus dem gleichen grund.
mit einem "weiter so" oder dem schreien nach schärferen strafen wird man diesen teufelskreis niemals durchbrechen. und letztlich hilft es weder einem selbst noch den opfern, die diese gesellschaft weiterhin hervorbringen wird. an die stelle rückwärtsgewandter, vom persönlichen hass getriebener vorstellungen von gerechtigkeit und forderungen, müssen der wille zur gesellschaftlichen reflexion, der wille zum verstehen treten. die frage sollte nicht lauten "warum ich?", sondern "warum er/sie?". das ist schwer, aber möglich und vor allem notwendig, damit dieser kreislauf durchbrochen wird.
ich kann mich erinnern, dass in hamburg eine art kontaktmöglichkeit für pädophile entstand. gedacht zur prävention. eine anlaufstelle außerhalb der angeblich so tollen knäste und somit auch eine anlaufstelle für menschen, die noch gar nicht zum täter geworden waren. darüber wurde sich in breiter öffentlichkeit aufgeregt. wie kann man nur etwas für solche irren tun, das geht ja gar nicht - so der tenor. nun, dass es sich bei den menschen, die sich dorthin wenden 1. nicht zwangsläufig um täter handelt und diese 2. bereit sind an sich zu arbeiten und hilfe suchen, wurde bei der geheuchelten empörung leider vergessen. dabei ist es genau das, was wir brauchen. es muss gesamtgesellschaftlich umgedacht werden. einen täter wegzuschließen hilft den opfern nicht mehr, dafür zu sorgen, dass er gar kein täter wird vermeidet dagegen, dass es überhaupt opfer gibt. logischerweise kann man nicht von heute auf morgen hier eine traumgesellschaft verwirklichen. aber wer ernsthaft gerechtigkeit will, der darf darunter nicht seine persönlichen rachegelüste verstehen und vor allem muss er selbst die veränderung sein, die er sich für die gesellschaft wünscht (ein wahres wort von gandhi). wer also gerechtigkeit und solidarität will, der muss sie auch leben und dafür eintreten.
vg, canis dirus
grundsätzlich ist dieses thema sehr komplex, da es viele gesellschaftliche und natürlich auch persönliche bereiche tangiert. man sollte jedoch bei einer solchen diskussion seine persönlichen empfindungen beiseite lassen und das ganze mit vernunft analysieren.
zum einen ist die strafe, bei der es sich letztlich um nichts anderes als rache handelt, von der sicherungsverwahrung zu trennen. diese personen haben ihre strafe verbüßt, nun werden sie (oftmals auch politisch motiviert) weiterhin eingeknastet und zwar unter den gleichen bedingungen wie die strafgefangenen. ob die sv nun direkt beim urteil oder erst nachträglich verhängt wurde, macht da für mich auch keinen unterschied, das mal nebenbei. nun hat der europäische gerichtshof für menschenrechte festgestellt, dass die bundesrepublik deutschland die menschenrechte dieser personen verletzt hat. in diesem fall ist also der staat der gesetzesbrecher und natürlich sind die personen für die zu unrecht erlittene inhaftierung zu entschädigen. darüber hinaus reden wir hier nicht nur von sexualstraftätern. der zeitungsartikel ist polemisierend. viele andere gefangene befinden sich in der gleichen situation. abgesehen davon wird nun die wut darüber, dass man von dieser zu tiefst kranken und degenerierten gesellschaft keine hilfe bekommt, auf den täter übertragen. und zwar nicht nur auf den eigenen, sondern gleich mal auf alle anderen ebenso. dadurch wird eine sachliche betrachtung unmöglich. das ist aber auch eine stimmung, die hier bewusst installiert wurde.
den meisten ist das leider nicht klar, denn es ist viel einfacher "in den knast" zu brüllen, als sich gedanken zu machen. doch wenn man über justiz redet, redet man über gesamtgesellschaftliche zustände und über herrschaftsverhältnisse, die per se ungerecht sind und zu weiteren ungerechtigkeiten führen. man sollte sich mal klarmachen, dass kein mensch von geburt an böse ist oder mal eben einfach so zum frauen vergewaltigenden psychopath wird. auch diese menschen waren mal unbeschriebene blätter. dann sind ihnen dinge widerfahren, die sie krank werden ließen. wer sich allgemein mit dem psychiatriesystem und traumastörungen befasst hat, dem müsste das klar sein. auch die dissoziale persönlichkeitsstörung, die einen empathielos macht, ist eine traumafolge. es handelt sich um eine endlose kette des leidens, die mit rache (also sprich mit knästen) nicht durchbrochen werden kann. wer glaubt im knast ginge es den leuten gut, der sollte womöglich weniger bild-zeitung lesen. dem ist nicht so. und sie werden dort auch nicht vorzüglichst therapiert. im gegenteil ist es sogar so, dass z.b. durch das verbot der nachträglichen sicherungsverwahrung menschen völlig ohne vorbereitung in freiheit entlassen wurden, nachdem sie teils jahrzehnte im knast verbracht hatten und total hospitalisiert sind. sie werden genauso im stich gelassen wie die opfer, was wiederum keine besonders gute prävention ist. in das momentan vorherrschende weltbild in diesem land, welches noch immer im 3. reich und anderen dunklen zeiten verwurzelt ist, haben weder "psychopathen" noch flaschen, die mit ihrem leben nicht klarkommen, platz. es ist die schuld der patriarchaischen, in herrschafts- und rachedenken verhafteten gesellschaft, dass es opfer gibt, die ihrerseits neue opfer schaffen, die dann entweder leiden, weil ihnen die gesellschaft nicht alle menschenmögliche hilfe angedeihen lässt oder selbst wieder neue opfer schaffen - aus dem gleichen grund.
mit einem "weiter so" oder dem schreien nach schärferen strafen wird man diesen teufelskreis niemals durchbrechen. und letztlich hilft es weder einem selbst noch den opfern, die diese gesellschaft weiterhin hervorbringen wird. an die stelle rückwärtsgewandter, vom persönlichen hass getriebener vorstellungen von gerechtigkeit und forderungen, müssen der wille zur gesellschaftlichen reflexion, der wille zum verstehen treten. die frage sollte nicht lauten "warum ich?", sondern "warum er/sie?". das ist schwer, aber möglich und vor allem notwendig, damit dieser kreislauf durchbrochen wird.
ich kann mich erinnern, dass in hamburg eine art kontaktmöglichkeit für pädophile entstand. gedacht zur prävention. eine anlaufstelle außerhalb der angeblich so tollen knäste und somit auch eine anlaufstelle für menschen, die noch gar nicht zum täter geworden waren. darüber wurde sich in breiter öffentlichkeit aufgeregt. wie kann man nur etwas für solche irren tun, das geht ja gar nicht - so der tenor. nun, dass es sich bei den menschen, die sich dorthin wenden 1. nicht zwangsläufig um täter handelt und diese 2. bereit sind an sich zu arbeiten und hilfe suchen, wurde bei der geheuchelten empörung leider vergessen. dabei ist es genau das, was wir brauchen. es muss gesamtgesellschaftlich umgedacht werden. einen täter wegzuschließen hilft den opfern nicht mehr, dafür zu sorgen, dass er gar kein täter wird vermeidet dagegen, dass es überhaupt opfer gibt. logischerweise kann man nicht von heute auf morgen hier eine traumgesellschaft verwirklichen. aber wer ernsthaft gerechtigkeit will, der darf darunter nicht seine persönlichen rachegelüste verstehen und vor allem muss er selbst die veränderung sein, die er sich für die gesellschaft wünscht (ein wahres wort von gandhi). wer also gerechtigkeit und solidarität will, der muss sie auch leben und dafür eintreten.
vg, canis dirus