Posttraumatische Verbitterungsstörung
#12
Hier noch der Artikel über Verbitterungsstörung aus dem Focus:

Krank durch Kränkung
Niederlagen können psychisch krank machen: Geld verloren oder Job gekündigt – Menschen mit Verbitterungsstörung schaffen es nicht, Misserfolge zu bewältigen.

Der Molotow-Cocktail verfehlte sein Ziel. Die Frau, der er galt, kam mit dem Schrecken davon. Der Arbeitslose Hans M.* hatte den lodernden Brandsatz in das Besprechungszimmer eines Jobcenters geworfen. Der Grund: Er konnte die Schande seiner Kündigung nicht mehr ertragen. „Mein Job“, sagt der Mann, „war mein Leben.“

Rund zwei Prozent der Menschen in Deutschland leiden (nach Schätzungen) an einem emotionalen Dauerschockzustand, der sogenannten „posttraumatischen Verbitterungsstörung“ (PTED). Die Betroffenen sind unfähig, ein bestimmtes Ereignis zu verarbeiten, das sie als entwürdigend, kränkend oder ungerecht empfunden haben – den Verlust des Arbeitsplatzes, eine Niederlage vor Gericht oder eine Scheidung zum Beispiel. Unentwegt hämmert die Erinnerung an das Ereignis im Kopf der Patienten. Groll, Depressionen, Selbstmordgedanken oder Rachegelüste sind die Folge. Bei einigen PTED-Patienten bricht die Wut aus.

Verbitterung schlimmer als Depression
Der Psychiatrieprofessor Michael Linden hat an der Klinik für Rehabilitation in Teltow bei Berlin rund 150 PTED-Patienten behandelt. Er sagt: „Könnte ich wählen zwischen Depression und Verbitterung, ich würde mich für die Depression entscheiden. Verbitterung ist ein ungleich härteres Schicksal.“ Die Störung umfasse alle Lebensbereiche, sie gehe einher mit Verzweiflung, Aggression, Hoffnungslosigkeit und Denkblockaden.

Die Ursachen der (plötzlich auftretenden) psychischen Störung sind noch weitgehend unbekannt. Grund dafür sei eine gewisse Betriebsblindheit der Psychiater und Psychologen, glaubt Michael Linden. Früher hätten Experten das eigentliche Problem der Betroffenen nicht erkannt und sie ausschließlich wegen ihrer Depressionen oder Aggressionen behandelt. Nach zirka zehn Jahren Forschung ist immerhin so viel klar: Das auslösende Ereignis trifft den Lebensmittelpunkt, bei Karrieristen die Arbeit, bei Familienmenschen die sozialen Beziehungen. Männer sind genauso oft betroffen wie Frauen, junge Menschen in gleichem Maße wie alte.

Die Krise durch „Weisheit“ meistern

Behandelt wird die posttraumatische Verbitterungsstörung mit einer speziellen Verhaltenstherapie, der „Weisheitstherapie“. Unter „Weisheit“ verstehen Psychologen die Fähigkeit, mit Lebensproblemen gelassen umzugehen. Um das zu erreichen, versetzen sich die Betroffenen in Rollenspielen in die Lage von Menschen, die andere gekränkt haben. Dieser Wechsel der Perspektive hilft, das eigene Problem zu relativieren. Außerdem lernen die Patienten, unlösbare Probleme zu akzeptieren – statt darüber zu verbittern. Wie erfolgreich das junge Therapiekonzept ist, muss erst ausgewertet werden, sagt Michael Linden. Ein paar seiner Patienten seien nach vielen Monaten Behandlung geheilt, andere immerhin „funktionsfähig“
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