23.02.2017, 23:38
Ein kleines Taschenbuch von 60 S. von Luise Reddemann. Wie ihr wisst bin ich auch eine Trauma-Betroffene und ich mache seit knapp 10 Jahren regelmäßig und zum Teil recht intensiv Zen-Meditation, was eine buddhistische Praxis darstellt. (Daher hat mich das genannte Buch, das Celestine mir freundlicherweise empfohlen hat, interessiert.) Ich habe es soeben gelesen.
Um was geht es darin?
Die (psycho-)therapeutischen Möglichkeiten von spirituellen Ressourcen werden zunehmend diskutiert. In diesem Rahmen ist das Buch von Luise Reddemann angesiedelt, das auf ihren umfangreichen Erfahrungen zur Arbeit mit traumatisierten Patienten und dem Zugang zur Spiritualität aufbaut und aus der Sicht von Therapeuten und Patienten argumentiert.
Meiner Erfahrung nach befürworten die Mehrheit der Therapeuten global fast alles, was mit Achtsamkeit und oder Meditation zu tun hat und die sog. "Achtsamkeit" fördert, etwas das ich bisher selbst nie so gesehen habe. Ich sah das auch aus meiner Erfahrung heraus deutlich differenzierter und teils sogar bedingt kritisch, besonders die strengen und gegenstandslosen Meditationsformen und -Praktiken. Frau Reddemann macht diese Differenzierung erfreulicherweise auch, was dafür spricht, dass sie davon auch persönlich Ahnung hat und selbst weiß, wovon sie spricht.
Im Kapitel 10: Achtsamkeit und psychodynamische Sichtweisen beschreibt sie das meines Erachtens nach treffend. Sie schreibt:
Sie weist außerdem darauf hin, dass Achtsamkeitspraxis auch dazu führen kann Themen zu vermeiden. Oder sie kann zu Abwehrzwecken verwendet werden:
Außerdem ist nicht jede Achtsamkeits- und Mediationspraxis gleich und nicht für jeden geeignet. So schildert die Autorin einen Fall eines sensiblen Klienten, der sich auf ein strenges Meditationsretreat begab und sich dort unwohl fühlte und extrem litt, dieses aber dort durchhielt, einfach, weil es ja dieses Leiden und Durchhalten war, das er von früher auch schon kannte. Er suchte dann auf Anraten der Therapeutin nach einer zugewandteren Form der buddhistischen Praxis.
Bei mir ist es z.B. so, dass ich auch eine sehr strenge Form der buddhistischen Praxis betreibe (Soto-Zen). Auch bei mir war es so, dass ich mich dort heimisch fühlte trotz der Strenge, weil die Dinge so gesehen werden, wie sie nun mal sind. Nichts wird schön geredet. Da fand ich mich wieder. So bin ich aufgewachsen. Ganz nach der Kernaussage, die für meine Praxis gilt: 無所得 "Mushotoku" - Bedeutung: Es gibt (in dieser Praxis) nichts zu erlangen oder zu gewinnen. Später habe ich gemerkt, dass ich früher durchweg im emotionalen Mangel gelebt habe und diese Praxis genau diesen Mangel irgendwo wieder spiegelt. - Ich hätte mich dann abwenden können. Doch ist es bei dieser Praxis der Akzeptanz der Realität so, dass man dadurch eben doch "über die Hintertür" Dinge erlangt, aber dies geschieht unbewusst und automatisch über die Jahre hinweg. Man übt also nicht direkt Achtsamkeit, sondern sie ergibt sich durch die regelmäßige Praxis von selbst. Man übt nicht Mitgefühl, sondern man erlangt es allmählich usw.
Es ist nur die Frage, welche Art der Praxis einem liegt, wie man gestrickt ist, sozusagen. In jedem Fall benötigt man Unterweisung, gerade, wenn man traumatisiert ist.
Ich finde die Ausführungen von Frau Reddemann sehr treffend und möchte das Büchlein jedem ans Herz legen, der über eine Form der spirituellen buddhistischen Praxis für sich nachdenkt.
Um was geht es darin?
Die (psycho-)therapeutischen Möglichkeiten von spirituellen Ressourcen werden zunehmend diskutiert. In diesem Rahmen ist das Buch von Luise Reddemann angesiedelt, das auf ihren umfangreichen Erfahrungen zur Arbeit mit traumatisierten Patienten und dem Zugang zur Spiritualität aufbaut und aus der Sicht von Therapeuten und Patienten argumentiert.
Meiner Erfahrung nach befürworten die Mehrheit der Therapeuten global fast alles, was mit Achtsamkeit und oder Meditation zu tun hat und die sog. "Achtsamkeit" fördert, etwas das ich bisher selbst nie so gesehen habe. Ich sah das auch aus meiner Erfahrung heraus deutlich differenzierter und teils sogar bedingt kritisch, besonders die strengen und gegenstandslosen Meditationsformen und -Praktiken. Frau Reddemann macht diese Differenzierung erfreulicherweise auch, was dafür spricht, dass sie davon auch persönlich Ahnung hat und selbst weiß, wovon sie spricht.
Im Kapitel 10: Achtsamkeit und psychodynamische Sichtweisen beschreibt sie das meines Erachtens nach treffend. Sie schreibt:
Zitat:"Die neutrale Achtsamkeit, so wie sie vorrangig in der Psychotherapie und Psychologie des Westens propagiert wird, hat mit Trefflicher oder Rechter Achtsamkeit wenig zu tun, ich möchte sie als eine Vorstufe bezeichnen. Hier wird eine zweckneutrale Achtsamkeit im Sinne einer bloßen Beobachtungs- und Wahrnehmungsfähigkeit geschult."(Dazu gehören für mich auch die sog. Skilltrainings bzw.gerade auch die Dialektisch behaviorale Therapie (DBT) Das sind erste nicht nachhaltig wirkende Trockenübungen sozusagen, mehr nicht.)
Zitat:Nach Gruber ist die Treffliche Achtsamkeit eine Quelle des kulturübergreifenden Inneren Weges zum vollkommenen Erwachen, mit ethischer Motivation, geistiger Ruhe bzw. intuitivem Wissen.
Paul Grossmann führt aus: "Ein begrenztes Konzept der Achtsamkeit, das sich einfach nur als eine weitere Technik in das Arsenal der Verhaltens- und psychotherpeutischen Interventionen, einreihen lässt, wird damit weder der ursprünglichen Vorstellung von Achtsamkeit gerecht, noch entspricht dies dem gegenwärtigen wissenschaftlichen Forschungsstand auf dem Gebiet achtsamkeitsbasierter Interventionen."
Sie weist außerdem darauf hin, dass Achtsamkeitspraxis auch dazu führen kann Themen zu vermeiden. Oder sie kann zu Abwehrzwecken verwendet werden:
Zitat:"Vor allem, um narzisstische Perfektion und Unverwundbarkeit zu verfolgen, Ängste vor Individuation zu umgehen, Verantwortlichkeit und Verfügbarkeit zu meiden, Ängste vor Nähe zu rationalisieren, unerwünschte Gefühle zu unterdrücken, Ärger zu vermeiden. Über-Ich-Bedürfnisse nach Selbstbestrafung zu erfüllen, innere Erfahrung zu vermeiden, Vernunft, Intellekt und Nachdenken über eigene Motive zu vermeiden und Meditation als Ersatz für Trauerprozesse Angesichts von Verlusten einzusetzen und Kummer aus dem Weg zu gehen."
Außerdem ist nicht jede Achtsamkeits- und Mediationspraxis gleich und nicht für jeden geeignet. So schildert die Autorin einen Fall eines sensiblen Klienten, der sich auf ein strenges Meditationsretreat begab und sich dort unwohl fühlte und extrem litt, dieses aber dort durchhielt, einfach, weil es ja dieses Leiden und Durchhalten war, das er von früher auch schon kannte. Er suchte dann auf Anraten der Therapeutin nach einer zugewandteren Form der buddhistischen Praxis.
Bei mir ist es z.B. so, dass ich auch eine sehr strenge Form der buddhistischen Praxis betreibe (Soto-Zen). Auch bei mir war es so, dass ich mich dort heimisch fühlte trotz der Strenge, weil die Dinge so gesehen werden, wie sie nun mal sind. Nichts wird schön geredet. Da fand ich mich wieder. So bin ich aufgewachsen. Ganz nach der Kernaussage, die für meine Praxis gilt: 無所得 "Mushotoku" - Bedeutung: Es gibt (in dieser Praxis) nichts zu erlangen oder zu gewinnen. Später habe ich gemerkt, dass ich früher durchweg im emotionalen Mangel gelebt habe und diese Praxis genau diesen Mangel irgendwo wieder spiegelt. - Ich hätte mich dann abwenden können. Doch ist es bei dieser Praxis der Akzeptanz der Realität so, dass man dadurch eben doch "über die Hintertür" Dinge erlangt, aber dies geschieht unbewusst und automatisch über die Jahre hinweg. Man übt also nicht direkt Achtsamkeit, sondern sie ergibt sich durch die regelmäßige Praxis von selbst. Man übt nicht Mitgefühl, sondern man erlangt es allmählich usw.
Es ist nur die Frage, welche Art der Praxis einem liegt, wie man gestrickt ist, sozusagen. In jedem Fall benötigt man Unterweisung, gerade, wenn man traumatisiert ist.
Ich finde die Ausführungen von Frau Reddemann sehr treffend und möchte das Büchlein jedem ans Herz legen, der über eine Form der spirituellen buddhistischen Praxis für sich nachdenkt.
Der Lebensgeist der Menschen ist so schwer zu läutern und so leicht zu verschmutzen wie eine Schale Wasser. (Lao Tse)
Zen-Weisheiten