03.01.2018, 10:31
Vielleicht tut sich etwas, wenn die Aufarbeitungskommission ihre abschließenden Ergebnisse vorstellt.
Um das Thema unüberseh- und -hörbar in den Fokus der Öffentlichkeit zu bringen, müssten einige Tabus gebrochen werden. Ich glaube, das ist vielleicht das größte Problem. Wer soll das denn anstoßen? Die Betroffenen können es nicht, weil das Schweigegebot, das ihnen von den Tätern auferlegt wurde, bis zum heutigen Tag als Introjekt wirkt. Oder ist irgendwer auch nur in die Therapie gegangen und hat in diesem vertraulichen Setting locker-flockig von dem Erlebten berichten können? Nein, in diesem Forum ist die Schwierigkeit, in der Therapie über traumatische Erfahrungen zu berichten, ein sehr großes Thema. Und dann vor laufenden Kameras? Da ist auch noch die Angst, dass einem nicht geglaubt wird - und so ist es nicht wenigen Kindern ergangen, die sich in ihrer Not jemandem anvertraut haben. #metoo war in diesem Ausmaß aufgrund der Anonymität möglich, wovon auch dieses Forum lebt.
Es ist intim und schambesetzt, die Täterintrojekte bewirken, dass die Opfer schweigen und sich häufig mitschuldig fühlen. Die Ungeheuerlichkeit dieses Verbrechens wird einem häufig erst in der Therapie bewusst gemacht, falls man das nicht abwehrt, weil man die damit verbundenen Gedanken und Gefühle des hilflosen Ausgeliefertseins und der Ohnmacht nicht aushält. Man fühlt sich unbewusst lieber mitschuldig, also kann man sich damit nicht zeigen.
Man fürchtet sich außerdem mit Recht vor einer Retraumatisierung, wenn man davon erzählt. Das wird ja auch an der Arbeit der Aufarbeitungskommission und am derzeit gültigen Verfahren im Rahmen des Opferentschädigungsgesetzes kritisiert.
Warum verklagt man die Täter nicht 'einfach'? Wenn alle das täten, käme es recht schnell an die Öffentlichkeit, so wie es im Zusammenhang mit der katholischen Kirche gewesen ist. Da haben sich nach Jahrzehnten des Schweigens erst wenige getraut und dann wurden es immer mehr. Da waren es aber kollektive, institutionalisierte Täter und nicht Papa, Mama, Opa oder ...
Es gibt wenige seriöse Journalisten, die sich des Themas annehmen. Es sind nicht genug und auch sie benötigen Betroffene, die bereit sind, damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Ich möchte nicht im Supermarkt einkaufen und alle, die das im TV gesehen haben, drehen sich gefühlt nach mir um und tuscheln: "Oh, da ist die, die gestern abend im TV erzählt hat, dass...und ihr Täter, den kennt man auch. Er/Sie sitzt im Stadtrat, ist der Vorsitzende des lokalen Fußballvereins oder...'
Wer soll es sonst erzählen? Wollen wir unsere Therapeuten von der Schweigepflicht entbinden, damit sie an unserer Stelle davon berichten, falls sie dazu bereit wären?
Dass das Problem nicht gesehen wird, liegt zum größten Teil in den Begleitumständen und der Perfidität der Tat begründet. Du darfst auf keinen Fall mit irgendwem darüber sprechen. Du musst deiner Familie gegenüber loyal sein. Du musst dich deswegen schämen, bist schuldig und schmutzig. Das hat sich damals eingebrannt und gilt für die meisten Betroffenen bis heute.
LG #metoo
Um das Thema unüberseh- und -hörbar in den Fokus der Öffentlichkeit zu bringen, müssten einige Tabus gebrochen werden. Ich glaube, das ist vielleicht das größte Problem. Wer soll das denn anstoßen? Die Betroffenen können es nicht, weil das Schweigegebot, das ihnen von den Tätern auferlegt wurde, bis zum heutigen Tag als Introjekt wirkt. Oder ist irgendwer auch nur in die Therapie gegangen und hat in diesem vertraulichen Setting locker-flockig von dem Erlebten berichten können? Nein, in diesem Forum ist die Schwierigkeit, in der Therapie über traumatische Erfahrungen zu berichten, ein sehr großes Thema. Und dann vor laufenden Kameras? Da ist auch noch die Angst, dass einem nicht geglaubt wird - und so ist es nicht wenigen Kindern ergangen, die sich in ihrer Not jemandem anvertraut haben. #metoo war in diesem Ausmaß aufgrund der Anonymität möglich, wovon auch dieses Forum lebt.
Es ist intim und schambesetzt, die Täterintrojekte bewirken, dass die Opfer schweigen und sich häufig mitschuldig fühlen. Die Ungeheuerlichkeit dieses Verbrechens wird einem häufig erst in der Therapie bewusst gemacht, falls man das nicht abwehrt, weil man die damit verbundenen Gedanken und Gefühle des hilflosen Ausgeliefertseins und der Ohnmacht nicht aushält. Man fühlt sich unbewusst lieber mitschuldig, also kann man sich damit nicht zeigen.
Man fürchtet sich außerdem mit Recht vor einer Retraumatisierung, wenn man davon erzählt. Das wird ja auch an der Arbeit der Aufarbeitungskommission und am derzeit gültigen Verfahren im Rahmen des Opferentschädigungsgesetzes kritisiert.
Warum verklagt man die Täter nicht 'einfach'? Wenn alle das täten, käme es recht schnell an die Öffentlichkeit, so wie es im Zusammenhang mit der katholischen Kirche gewesen ist. Da haben sich nach Jahrzehnten des Schweigens erst wenige getraut und dann wurden es immer mehr. Da waren es aber kollektive, institutionalisierte Täter und nicht Papa, Mama, Opa oder ...
Es gibt wenige seriöse Journalisten, die sich des Themas annehmen. Es sind nicht genug und auch sie benötigen Betroffene, die bereit sind, damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Ich möchte nicht im Supermarkt einkaufen und alle, die das im TV gesehen haben, drehen sich gefühlt nach mir um und tuscheln: "Oh, da ist die, die gestern abend im TV erzählt hat, dass...und ihr Täter, den kennt man auch. Er/Sie sitzt im Stadtrat, ist der Vorsitzende des lokalen Fußballvereins oder...'
Wer soll es sonst erzählen? Wollen wir unsere Therapeuten von der Schweigepflicht entbinden, damit sie an unserer Stelle davon berichten, falls sie dazu bereit wären?
Dass das Problem nicht gesehen wird, liegt zum größten Teil in den Begleitumständen und der Perfidität der Tat begründet. Du darfst auf keinen Fall mit irgendwem darüber sprechen. Du musst deiner Familie gegenüber loyal sein. Du musst dich deswegen schämen, bist schuldig und schmutzig. Das hat sich damals eingebrannt und gilt für die meisten Betroffenen bis heute.
LG #metoo
Be Yourself. Everyone else is already taken. (Oscar Wilde)